Buba
Buba war die allererste Mutmacherin der KAKS und die erste Survivorin, die sich je bei uns gemeldet hat. „Meine Mutter kann bis heute nicht über meinen Krebs sprechen. Sie macht zu“, sagt Buba, Sie ist Werbekauffrau aus Heidelberg, geboren 1984 im ehemaligen Jugoslawien. Buba hat einseitiges Retinoblastom. Sie ist gerade zwei Jahre, als die Ärzte in einer Klinik bei Belgrad die Krebserkrankung diagnostizieren. Für die Mutter ein Schock. Sie ist alleinerziehend. Und steht da mit ihrer kleinen, kranken Tochter. Von Augenkrebs bei Kindern hat sie nie gehört.
Heute kann sich Buba an ein Leben ohne Augenprothese nicht erinnern. Dafür war sie damals viel zu klein. An die Fahrten, die regelmäßigen Fahrten vom kleinen Wohnort in Bosnien in die Großstadt Belgrad kann sie sich erinnern. Und an ein Bild; das hat sie im Kopf, und das trägt sie in ihrem Herzen. Es ist ein schönes Bild: „Ich sehe die Kuscheltiere vor mir, die die super netten Krankenschwestern mir immer gaben. Ich musste in verschiedene Richtungen nach den Stofftieren schauen, damit die Farbe meines Auges abgezeichnet wurde.“ So können die Ärzte die Prothese für das Kind erstellen. Gab es Schmerzen, Angst vor den Ärzten oder Untersuchungen, Rufe nach der Mutter? „Nein“, sagt Buba Gataric, „ich kann weder von Schmerz noch von Angst berichten.“ Und das ist wohl gut so. Sie wirkt entspannt und selbstbewusst, ganz im Reinen mit sich.
Doch die Schwierigkeiten und Fragen – sie kommen in der Pubertät. Das ist blöd, habe sie manchmal wütend gesagt und gefragt: „Warum ich?“ Die Frage, die sich jeder Krebspatient wohl einmal stellt. Buba fällt nun auf, dass bei ihr etwas anders ist als bei den anderen Gleichaltrigen. Sie sagt: „Kinder sind ehrlich.“ Mehr sagt sie dazu nicht. Doch sie geht in die Offensive. Denn eines hat die Mutter ihr mit auf den Lebensweg gegeben: Stärke. Also versucht sie, es gleich zu sagen: „Ja, ich habe eine Augenprothese. Dieser Satz löst die Fragezeichen in den Gesichtern der Anderen auf.“ Und noch was sagt sie mit Bestimmtheit, sie will „bloß kein Mitleid“. Sie hat ihr Schicksal angenommen, schließlich könne sie „nix daran ändern“. Aber auf der Suche nach Gleichgesinnten ist sie trotzdem. Das wird ihr klar, als sie im Teenager-Alter in ihrem Dorf bei Heidelberg ein Mädchen trifft, das ebenfalls ein Retinoblastom hat: „Ich hätte sie gerne gefragt. Ich hätte ihr gerne meine Geschichte erzählt. Ich hätte mich gerne mit ihr ausgetauscht.“ Doch das Mädchen wiegelt ab, will nicht.
Buba Gataric hat ihre Freundinnen, ihre Mitspielerinnen im Handballverein, aber sie hat niemanden, der ihr Schicksal teilt oder wirklich versteht. Doch auch damit kommt sie klar. Das Dreidimensionale – es fehlt ihr. Gelassen sagt sie: „Für mich war alles normal. Ich habe Handball gespielt, zwölf Jahre lang. Dabei nie groß auf dieses andere Auge geachtet.“ Die rauen Sitten auf dem Handballplatz passen irgendwie in ihr Leben. Ihre Mutter habe sie nie mit Samthandschuhen angefasst. Auch das macht stark. Buba schmunzelt ein wenig, als sie an ihre Erziehung denkt: „Ich weiß nicht, ob ich das meinem Kind alles erlaubt hätte.“
Buba
Mutmacherin