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Nele

Mein Name ist Nele und ich bin 1992 geboren. Ich trage seitdem ich 3 Monate alt bin ein Glasauge auf der linken Seite. Damals wurde bei mir Retinoblastom diagnostiziert und das kranke Auge entfernt. Also hatte ich den „Vorteil“ mit nur einem Auge aufzuwachsen, was vielleicht auch der Grund ist, warum mein Glassauge für mich eines der natürlichsten Dinge ist.

Ich weiß nicht mehr genau, wann ich das erste Mal wirklich bewusst über mein Auge nachgedacht habe. Die Nachsorgetermine in Essen, zu denen ich als Kleinkind regelmäßig musste, wurden als Familienausflüge umfunktioniert und gehörten nun mal dazu. Aber ich weiß, dass das Glasauge nie wirklich ein Hindernis für mich darstellte: Ich spielte die Blockflöte, ging jahrelang zum Leichtathletik und spielte kurzzeitig Tennis, tauschte die Blockflöte später mit der Klarinette und konnte so allen Hobbies nachkommen, wie ich wollte. Die Musik und das Laufengehen gehören immer noch zu meiner Leidenschaft.

Natürlich bemerken einige Leute einen leichten Silberblick und sprechen mich darauf an. Ich kann mich an Momente im Grundschulalter erinnern, in denen meine Mitschüler mich fragten, warum ich schielte. Als Kind habe ich dann frei heraus von meiner Augenprothese erzählt, um dann in erstaunte Gesichter zu gucken. Eigentlich handhabe ich das noch immer so. Die meisten Leute, die mich kennen, wissen von meinem Glasauge. Es ist natürlich nicht gleich die erste Sache, die ich beim Kennenlernen erzähle… Wenn man mich jedoch darauf anspricht oder das Thema durch Zufall angesprochen wird, erzähle ich davon.

Mein Auge ist Bestandteil meines Lebens. Tatsächlich denke ich nicht oft daran. Das zeigte sich auch im Alter von 12 Jahren, als ich es für eine gute Idee befand, mit meinen Freunden einen 3D Film im Kino anzuschauen. Die 3D Brillen waren damals noch mit einem blauen und einem roten Glas versehen, die Ernüchterung kam dann allerdings erst im Kino. Den Film habe ich trotzdem zu Ende gesehen, das Geld hatte ich ja schließlich bezahlt… Heute bereitet auch das dank der neuen Technologie keine “Probleme” mehr.

Natürlich kam mit der Pubertät dann der eine oder andere Gedanke zu meinem Glasauge, mein linkes Seitenprofil mochte ich nicht, dachte, das Auge würde so seltsam starren. Tatsache ist aber, dass alle meine Freundinnen wohl zur gleichen Zeit Probleme an sich selbst fanden, egal ob die Nase zu groß oder sonst irgendwas war. Wie ich bereits erwähnt habe – mein Leben verläuft ganz normal. Und dazu gehört wohl auch eine kleine Pubertätskrise. Aber ich denke trotzdem, dass es wahrscheinlich geholfen hätte, mit jemand Betroffenen darüber zu reden und sich offen über die Gedanken auszutauschen. Und immer noch empfinde ich es als interessant und total schön, mit anderen Betroffenen das ein oder andere zu besprechen…

Ich habe das Gymnasium besucht, war mit Spaß an Musikfahrten dabei, ich gehe gerne auf Partys und tanze gerne, treffe meine Freunde und mache gerne Sport. Nachdem ich mein Abitur gemacht habe, war ich in Irland als Au-Pair, kam wieder und habe in Groningen Psychologie studiert. Vor mir liegt noch mein Master, mal sehen wo es mich hintreibt. Ich bin zufrieden, so wie es ist. Ein Glasauge an sich muss einem das Leben nicht schwerer machen, solange man es nicht zulässt.

Kleine “Hürden” im Alltag wie den Tee ohne zu verschütten in die Tasse zu schenken, klappen problemlos, wenn man sich dazu einen Trick überlegt hat. Sonstige tollpatschige Erlebnisse kann ich nicht mit meinem Glasauge entschuldigen, das liegt dann eher an meiner Persönlichkeit….

Nele
Mutmacherin