Schon kurz nach der Geburt ist uns ein Schielen beim Arian aufgefallen. Die Hebammen und auch der Kinderarzt bei der U2 versicherten uns jedoch, dass die kleinen Babys erstmal ankommen müssen und es völlig normal sei das Babys schielen.
Aber irgendwie hat mir mein Bauchgefühl immer gesagt, da stimmt was nicht. Ich kann es nicht beschreiben, aber es war einfach mein Mamainstinkt. Trotzdem vertraut man ja den Ärzten und Hebammen und, somit habe ich meine Sorge verdrängt und mein Glück einfach nur genossen.
Zu Hause angekommen, berauscht von unserem Glück endlich zu viert zu sein. Mila ist stolze große Schwester und alles schien perfekt, ist meinem Mann öfter ein helles Leuchten in der Pupille aufgefallen. Ich meinte nur zu ihm „Ach, das ist bestimmt, weil er noch so klein ist und seine Augen noch Zeit brauchen“ – so wurde es mir ja auch in der Geburtsklinik erklärt.
Am 20.04.22 war dann die reguläre U3 beim Kinderarzt. Arian war wohlauf alles gesund und perfekt entwickelt –bis zum Brückner-Test. Die Pupille zeigte kaum Reaktion und wir wurden zum Augenarzt überwiesen und ab da holte mich mein Mamainstinkt, dass etwas nicht stimmt wieder ein.
Am Donnerstag, den 05.05.22 hatten wir unseren Termin beim Augenarzt. Es wurde Sehschule gemacht und seine Pupillen weit getropft: Verdacht Grauer Star! Die Ärztin verhielt sich allerdings komisch und machte uns sogar persönlich in einem anderen Raum einen Termin zur weiteren Untersuchung in der Asklepios Klinik Heidberg. Den Termin bekamen wir auch relativ zügig. Direkt am Montag, den 09.05.22 sollten wir in der Asklepios Klinik sein.
Es lag aber noch ein ganzes Wochenende dazwischen.
Mein Mann googelte zu Hause „weißes Leuchten Pupille“ und wir machten den Blitzlichttest. Panik, Angst und Sorgen überschütteten uns. Alle Internetseiten wiesen auf die Diagnose Retinoblastom hin. Wir wollten es nicht wahrhaben und hofften noch auf was anderes. Ich machte unzählige Blitzlichtfotos und hoffte es sei nur ein Zufall, aber jedes Mal leuchtete seine Pupille weiß. Es war schrecklich!
Mit 9 Wochen hat Arian die Diagnose „Krebs“ bekommen. In der Asklepios Klinik Heidberg wurde bei Arian Retinoblastom diagnostiziert. Die Welt stand still für mich. Der Arzt machte Ultraschall an seinem kranken Auge und sagte „Ihr Sohn hat einen Tumor und der ist ungewöhnlich groß für sein Alter. Sie müssen nach Essen in die Uniklinik“ Ich werde diesen Satz nie vergessen. Ich bin zusammengebrochen, habe geweint und die Welt nicht mehr verstanden. Das ist doch alles nur ein schlechter Traum.
Mein Mann und ich verließen die Klinik und unser Leben war von einer auf die andere Sekunde nicht mehr das was es mal war.
Wir bekamen erst eine Woche später einen Termin in der Uniklinik Essen. Diese Ungewissheit, nicht zu wissen, ob Heilung besteht und was genau los ist, hat mich innerlich aufgefressen.
Die Woche verging wie Jahre. Wir fühlten uns innerlich so leer und wussten gar nicht mehr. Und ja, wir haben auch darüber gesprochen was ist wenn unser kleiner Sohn es nicht schafft.
Ich redete die Woche viel mit meiner besten Freundin und meiner Mama. Mir hat es sehr geholfen mich auszutauschen und einfach nur zu reden. Gerne hätte ich schon Kontakt zu anderen Eltern gehabt, die einen verstehen, helfen, Mut machen und gut zureden.
Mein Mann hingegen verschloss sich komplett und ließ niemanden an sich ran.
Am Montag, den 16.05.22 ging endlich in die Uniklinik Essen. Hier erfolgte eine Untersuchung nach der anderen. Unsere Gefühle, Ängste und Sorgen überschlugen sich. Am Dienstag dann der Schock: Unser kleiner Arian hat den Krebs auf beiden Augen! Das linke Auge ist sehr stark betroffen, dass er schon fast seine ganze Sehkraft verloren hat. Auf dem rechten Auge, befanden sich 2 kleine Tumore die gelasert bzw. mit Kryo behandelt werden können und seine Sehkraft nicht einschränken.
Nach langen Gesprächen mit den wundervollen Ärzten der Uniklinik und auch nach dem MRT Befund haben wir uns entschieden sein linkes Auge entfernen zu lassen. Noch in derselben Woche, am Freitag, fand die OP statt.
Die Woche hat uns sehr gefordert: Gespräche, Tränen, Untersuchungen, Wut, Hoffnung, Angst und Verzweiflung. Trotzdem sind wir dankbar, dass unser kleiner Sohn ein ganz normales Leben ohne große Einschränkung führen darf und geheilt wird.
Nach der ENU folgten allerdings weitere quälende Tage, denn die Frage, ob er trotzdem noch eine Chemotherapie braucht, blieb erstmals noch offen im Raum stehen.
Doch am 27.05.22 kam dann der erlösende Anruf. Es sind keine Infiltrationen der Aderhaut und des Sehnervs entdeckt wurden. Somit benötigt er keine Chemotherapie. Wir konnten unser Glück kaum fassen und es folgten endlich nach so langer Zeit Tränen der Freude. Unser Sohn musste so schlimmes durchmachen, zum Glück blieb ihm das erspart.
Auch wenn wir schon vieles geschafft haben, bleibt uns noch ein langer Weg bevor. Unser Sohn hat sein Auge verloren und kämpft auf dem anderen Auge weiter gegen den Krebs. Ständige Untersuchungen, Prothesen müssen angepasst werden und Arzttermine stehen bevor. Oft stelle ich mir die Frage, ob ich das überhaupt alles schaffe und kann, aber dann muss ich mir bewusst machen, dass ich gar keine andere Wahl habe. Ich muss!